Fachthema: Migrant-Gender-Pay-Gap

Amina Haddad, eine studierte Elektroingenieurin aus Syrien, fand in Deutschland eine Anstellung in der Kältetechnik, ein Beruf, der derzeit zu den Top10 der Engpassberufe auf Fachkräfteebene zählt. In dem Unternehmen, in dem sie arbeitete, gab es keine Lohntransparenz und so erfuhr Frau Haddad erst im Job, dass sie weniger Lohn als ihre männlichen Kollegen mit deutscher Staatsangehörigkeit bekam. Daraufhin entschloss sie sich bereits nach einem Jahr zu kündigen. (Quelle: IQ Netzwerk Hamburg)

Dieses Fallbeispiel steht stellvertretend für das, was die Fachstelle Einwanderung und Integration im Förderprogramm IQ - Integration durch Qualifiizierung untersucht und transparent macht: Das Migrant-Gender-Pay-Gap. In der ersten Analyse aus 2022 untersucht sie die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen sowie zwischen Eingewanderten und Nichteingewanderten. In der zweiten Untersuchung steht die "Ungleiche Bezahlung in Engpassberufen" im Fokus. 

07/2022: Der Migrant-Gender-Pay-Gap - Sind die Gehälter niedrig, trifft es alle

Untersucht wurden darin die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen, der Gender-Pay-Gap, und eingewanderten und nichteingewanderten Personen - der Migrant-Pay-Gap. Zentral ist dabei die Frage: Verdienen trotz gleichem Bildungs- oder Anforderungsniveau und gleichem Berufszweig, Männer mehr als Frauen und Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit mehr als Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit?

Zentrale Erkenntnisse der Untersuchung sind u.a. dass:

  • in Ostdeutschland die Gehälter niedriger als in Westdeutschland sind. Dafür sind aber die Unterschiede, sowohl zwischen Männern und Frauen als auch zwischen den Staatsangehörigkeiten, geringer.
  • viele Akademiker*innen, vor allem Frauen aus den Asylherkunftsländern unterhalb ihrer Qualifikation beschäftigt sind.
  • sich die relativen Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen und zwischen verschiedenen Staatsangehörigen bei niedrigeren Gehältern verringern,
  • Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen und zwischen den Staatsangehörigkeiten stark von der Branche und dem Anforderungsniveau abhängig sind, 
  • es große Unterschiede zwischen den Staatsangehörigkeiten gibt. Aber fast immer verdienen Personen aus den Asylherkunftsländern im Durchschnitt weniger als die Vergleichsgruppen. 

Link zur gesamten Auswertung

01/2024: Ungleiche Bezahlung in Engpassberufen - Discussion Paper

Die Fachstelle Einwanderung und Integration im Förderprogramm IQ - Integration durch Qualifizierung untersucht die Präsenz sozialversicherungspflichtig Beschäftigter ohne deutsche Staatsangehörigkeit in Engpassberufen. Darauf aufbauend werden Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen und Personen mit und ohne deutsche Staatsangehörigkeit analysiert.

Zentrale Erkenntnisse: 

  • Trotz generellem Beschäftigtenzuwachs gibt es im Jahr 2021 Engpässe, speziell in männerdominierten Fachkräfteberufen.
  • Immer mehr Beschäftigte ohne deutsche Staatsangehörigkeit arbeiten in Engpassberufen, wobei die meisten Beschäftigten Drittstaatsangehörige sind.
  • Der Anteil männlicher Fachkräfte in Handwerksberufen hat zugenommen, ebenso wie der Anteil männlicher Fachkräfte in vorwiegend von Frauen ausgeübten Berufen wie den Pflegeberufen. In den Pflegeberufen ist der Anteil an männlichen Beschäftigten aus Asylherkunftsländern bemerkenswert stark angestiegen.
  • In den meisten der hier betrachteten Berufe mit Fachkräftemangel arbeiten vor allem jüngere Arbeitnehmer unter 35 Jahren ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Sie spielen daher eine entscheidende Rolle bei der zukünftigen Sicherung des Fachkräftebedarfs.
  • Hinsichtlich des Medianentgelts zeigt sich, dass Beschäftigte aus Asylherkunftsländern trotz gleichem Anforderungsniveau und gleicher Berufsgruppe weniger verdienen als ihre Kolleg*innen mit deutscher Staatsangehörigkeit (Migrant–Pay–Gap).
  • Außerdem zeigt sich, dass Männer im gleichen Beruf stets mehr verdienen als Frauen.
  • Ein höherer Anteil der nicht-deutschen Staatsbürger*innen arbeitet im Vergleich zu deutschen Staatsangehörigen im unteren Entgeltbereich. 
  • Sowohl branchenübergreifend auf Fachkräfteanforderungsniveau als auch in Engpassberufen zeigt sich, dass die Staatsangehörigkeit einen größeren Einfluss auf Lohnunterschiede hat als geschlechterspezifische Gehaltsunterschiede. Das bedeutet, dass sowohl Frauen als auch Männer ohne deutsche Staatsangehörigkeit deutlich weniger verdienen als deutsche Staatsangehörige.

Online-Version der Studie 

Einbindung eines Community Consulting Teams

In der aktuellen Förderrunde 2023-2025 arbeitet die Fachstelle Einwanderung und Integration mit einem Community Consulting Team zusammen. Dieses setzt sich aus 12 Personen mit eigener Migrationserfahrung zusammen, die bereits erste Erfahrungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt gesammelt haben. Die Community Consultants kommen aus unterschiedlichen Herkunftsregionen, sind aktuell in verschiedenen Regionen Deutschlands wohnhaft und bringen verschiedene Qualifikationen und Kompetenzen mit.

Das Community Consulting Team diskutierte in einem Workshop (Ende 2023) über Erfahrungen mit dem Migrant-Gender-Pay-Gap und machte Vorschläge, wie Zugewanderte gestärkt werden können, um sich gegen unfaire Bezahlung besser wehren zu können. Eine Empfehlung war,  Neuzugewanderte in ihrer Handlungsfähigkeit hinsichtlich fairer Bezahlung durch deutlich mehr bedarfsgerechte und mehrsprachige Informations- und Beratungsangebote rund um das Thema Gehalt zu stärken. 

Migrant-Gender-Pay-Gap

Erkenntnisse der Untersuchung (07/22)

  • Die Gehälter in Ostdeutschland sind niedriger als in Westdeutschland, aber Unterschiede zwischen Männern und Frauen als auch zwischen Staatsangehörigkeiten, sind geringer.
  • Viele Akademiker*innen, vor allem Frauen aus den Asylherkunftsländern, sind unterhalb ihrer Qualifikation beschäftigt.
  • Relative Gehaltsunterschiede verringern sich bei niedrigeren Gehältern.
  • Gehaltsunterschiede sind stark von Branche und Anforderungsniveau abhängig. 
  • Personen aus den Asylherkunftsländern verdienen m Durchschnitt fast immer weniger. 

Ungleiche Bezahlung in Engpassberufen

Zentrale Erkenntnisse der Analyse (01/24)

  • Immer mehr Beschäftigte ohne deutsche Staatsangehörigkeit arbeiten in Engpassberufen.
  • In Pflegeberufen ist der Anteil an männlichen Beschäftigten aus Asylherkunftsländern bemerkenswert stark angestiegen.
  • Vor allem Arbeitnehmer unter 35 Jahren ohne deutsche Staatsangehörigkeit arbeiten in Engpassberufen. 
  • Beschäftigte aus Asylherkunftsländern verdienen trotz gleichem Anforderungsniveau und gleicher Berufsgruppe weniger verdienen als die mit deutscher Staatsangehörigkeit.
  • Ein höherer Anteil der nicht-deutschen Staatsbürger*innen arbeitet im Vergleich zu deutschen Staatsangehörigen im unteren Entgeltbereich. 
  • Die Staatsangehörigkeit hat größeren Einfluss auf Lohnunterschiede als das Geschlecht.